Montag, 17. November 2014

Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus und weiteren Flexibilisierung der Elternzeit verabschiedet

Der Bundestag hat am 7.11.2014 das „Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz“ in zweiter und dritter Lesung verabschiedet, vgl. BT-Drs. 18/2583, 18/2625 i. d. F. der Beschlussempfehlung des Familienausschusses BT-Drs. 18/3086 (zum Kabinettsbeschluss vgl. DStR-Kompakt H. 24/2014, S. XI f.). Eltern, die in Zukunft im Elterngeld Teilzeit arbeiten, bekommen künftig doppelt so lange Elterngeld Plus. Aus einem bisherigen Elterngeldmonat werden dann zwei Elterngeld-Plus-Monate. Für Elternpaare, die sich gemeinsam um das Kind kümmern und beide parallel zwischen 25 und 30 Stunden erwerbstätig sind, soll es darüber hinaus einen Partnerschaftsbonus geben, der aus vier zusätzlichen Elterngeld-Plus-Monaten je Elternteil besteht. Alleinerziehende sollen das Elterngeld Plus im gleichen Maße allein nutzen können wie Paare. Eltern können zukünftig eine nicht beanspruchte Elternzeit von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen. Geplantes Inkrafttreten des Gesetzes: 1.1.2015.


Sonntag, 5. Oktober 2014

Demografischer Wandel und die Zukunft der Steuerberatung

Wo sehen Sie Ihre Kanzlei, Ihre Mitarbeiter und Ihre Mandanten in 5 Jahren? Es läuft und wir haben keine Probleme? "The times they are a-changin", das sang schon Folksänger Bob Dylan in weiser Voraussicht. Es gilt also: Vorsicht vor trügerischer Ruhe, denn nie bleibt alles wie es ist!

Die statistischen Erhebungen über unsere Bevölkerungsentwicklung erfolgen bereits seit über 100 Jahren, Demografie ist insofern eigentlich ein alter Hut. Deshalb gibt es auch kaum Überraschungen, wir sehen ständig woher wir kommen. Viele schauen in erprobter Ignoranz nicht hin oder stecken, wie der Vogel Strauß bei schlechten Aussichten, einfach den Kopf in den Sand. Der viel zitierte und vielfach beklagte "demografische Wandel" ist kein Tsunami, er kommt langsam und stetig über uns – und ist daher berechenbar! Da diese gravierenden Veränderungen von Gesellschaft und Bevölkerung schleichend stattfinden, geraten sie meist schnell auch wieder aus unserem Blickfeld. Tsunamis und Vulkanausbrüche sind einfach spannendere "Hingucker". Der demographische Wandel aber ist nicht minder brisant, er kommt zwar langsam, aber – mittel- bis langfristig gesehen – auch sehr heftig. Außerdem erwischt er unser Land mit einer vollen Breitseite, als gesamtgesellschaftliches Querschnittsthema, mit einer Komplexität, die alle Bereiche unseres Lebens berührt.
Status quo: Wir werden älter, weniger, bunter
  • Älter: Durch die Medizin und bessere Lebensbedingungen werden die Menschen deutlich länger leben. Der Anteil der über 80-jährigen Menschen wird sich somit in den nächsten 8 Jahren um ca. 70 % erhöhen – in ländlichen Bereichen sogar mehr als verdoppeln.
  • Weniger: Es werden weniger Kinder geboren als Menschen versterben, die Geburtenrate in Deutschland ist kontinuierlich auf Tiefstand und bedeutet Reduktion – fatal: nicht geborene Mütter haben keine Töchter, wir befinden uns in einer Abwärtsspirale. Es fallen jetzt und künftig ganze Generationen aus.
  • Bunter: Bereits heute liegt der Anteil der Migranten bei ca. 10 % und knapp 20 % der Bevölkerung haben ihre Wurzeln im Ausland. Bedingt durch einen anderen Kultur- und Familiensinn bekommen diese Einwanderergruppen deutlich mehr Kinder als Deutsche – und hängen die "Ureinwohner" bei diesem "Wettlauf" zunehmend ab.
Vor diesem Hintergrund: Sind Sie bereit für die Zukunft?
Wie attraktiv ist Ihre Kanzlei und wird sie den Ansprüchen des permanenten Generationswechsels gerecht? Sind auch die Älteren unter Ihnen im Umgang mit Kommunikationstechnologien auf dem neuesten Stand? Folgen Sie den Ansprüchen der Jüngeren (u.a. "Generation Y") hinsichtlich Lebensqualität, Flexibilität und Spaß bei der Arbeit? Wie können Sie Mitarbeiter mit Migrationshintergrund in Ihre Kanzlei einbinden? Was bietet Ihre Kanzlei an konstruktivem Teamwork und motivierender Sinnhaftigkeit? Wie flexibel und verlässlich ist Ihr Unternehmen? Wie gehen Sie mit dem veränderten Kundenverhalten, den Bedürfnissen und den unterschiedlichen Typen von Mandanten in einer sich stets wandelnden Arbeits- und Berufswelt um?
Fachliche Qualität ist auch eine Frage des souveränen Auftretens, eine Frage von Persönlichkeit und Image. Hierzu gehören rationale und subjektive Faktoren in der Wahrnehmung des Mandanten. Was will der Kunde der Zukunft?
Fachkräftemangel – wer löst das Problem (für sich)?
Was hilft das Lamentieren über den sog. Fachkräftemangel? Führung und Unternehmenskulturen werden sich der gesellschaftlichen Entwicklung der kommenden Zeiten anpassen müssen. Beim "Kampf um die (weniger werdenden) Köpfe" wird derjenige vorne liegen, der sich mit der Vielfalt der relevanten Faktoren beim Wandel des Arbeitsmarktes befasst und klare Konsequenzen daraus gezogen hat. Je kleiner der Betrieb, umso wichtiger sind die Führungseigenschaften des Chefs. Das Betriebsklima und die Atmosphäre am Arbeitsplatz werden zu über 50 % von der Führungskraft und ihren Vorgaben bestimmt. Je attraktiver ein Unternehmen, desto einfacher hält und gewinnt es Mitarbeiter, insofern ist der wirklich attraktive Arbeitsplatz ein Gebot der Stunde um auch Morgen noch am Markt mit eigenem Personal zu bestehen.
Was tun?
Demografiefeste Personalpolitik verlangt heute nach einem kontinuierlichen und strategischen Personalmarketing. Wir sollten diesbezüglich alles tun, um die geschilderten Herausforderungen aus eigener Kraft zu meistern. Bisher galt  es aus einer Vielzahl von Bewerbern die Besten zu filtern. Das wird sich drastisch ändern! Künftig wird man um geeignete Bewerber werben müssen, sich selber in Konkurrenz befinden. Wir müssen daher umdenken: Der Mitarbeiter ist nicht mehr als Kostenfaktor zu betrachten, sondern als Investition, als ein Gewinn – als wichtige Ressource im 21. Jahrhundert.
Nicht nur Führungskräfte sind aufgerufen, sondern auch jeder Mitarbeiter in einem Unternehmen, welches sich als Gemeinschaft erkennen muss, als soziales Netzwerk, als – bestenfalls – dynamisches Team. Wir werden die Kultur in unseren Erwerbsbereichen kritisch hinterfragen müssen und uns wieder der Werte und Tugenden vergangener Zeiten erinnern, denn vieles aus der Vergangenheit bekommt wieder einen Sinn, die Zeiten des "jeder ist sich selbst der Nächste" werden durch den realen demografischen Realitätsdruck rapide ihr Vorzeichen ändern.
Hierzu ist jeder arbeitsfähige Mensch aufgerufen – im Rahmen seiner Möglichkeiten – mit Eigenverantwortung und Eigeninitiative präventiv für seine Gesundheit und seine geistige Fitness Sorge zu tragen. Das Wissen in unserer Gesellschaft verdoppelt sich alle 10 Jahre und die Geschwindigkeit nimmt hierbei noch zu – lebenslanges Lernen und Wissenstransfer sind keine leeren Worte, sie sind echte Überlebensformeln für schwierige Zeiten. Wir können uns geistige Trägheit und "Dienst nach Vorschrift" nicht mehr leisten. Wir als Unternehmer sollten konstruktive, innovative und vorausschauende Prozesse – im eigenen Interesse –, so gut wie möglich fördern und unterstützen. Machen Sie mit!
Zum Abschluss noch folgende Empfehlungen:
  1. Klären Sie, wie sich ihr Betrieb derzeit – aktiv – mit den demografischen Handlungsfeldern auseinandersetzt!
  2. Fragen Sie: Ist bei den Führungskräften und den wichtigsten Teamplayern das Bewusstsein für den demografischen Wandel angekommen?
  3. Das Fazit: Haben Sie den Mut zur Veränderung und trauen Sie sich auch unkonventionelle Entscheidungen zu. Seien Sie anders und besser als die Konkurrenz.
"Lohnt sich dieser Aufwand überhaupt für kleine Kanzleien und mittelständische Unternehmen?"
Ja!
Gerade die kleineren Kanzleien und der kleine Mittelstand laufen Gefahr gegen die Großen nicht bestehen zu können. Je eher man sich auf die Konsequenzen des demografischen Wandels vorbereitet, desto größer sind die Chancen und Möglichkeiten seine Eigenständigkeit und sein Fortbestehen zu sichern. Wenn Sie dies schaffen und leben, sind Sie in der Vorbildfunktion für Ihre Mandanten. So ist es Ihnen auch möglich diese Botschaften glaubwürdig zu transportieren und haben daher die besten Voraussetzungen für eine langfristige Kunden-/Mandantenbindung.

Sonntag, 29. Juni 2014

Steuerberater und das Internet


Wie finden Mandanten eigentlich einen neuen Steuerberater – über Empfehlungen? Übers Internet? Beim letztgenannten Medium dürften ihnen zahlreiche, möglicherweise gute und kompetente Berater durch die Lappen gehen. Denn laut STAX – dem Statistischen Berichtssystem für Steuerberater – hat ein Drittel der Steuerberater in Deutschland überhaupt keine Homepage. Sie können also gar nicht im Netz gefunden werden.

Steuerberater im Internet: Mehr Pepp, bitte

Viele der Steuerberater, die im Internet vertreten sind, begnügen sich außerdem mit langen Aufzählungen von üblichen Steuerberaterleistungen, endlos archivierten Mandanteninformationen und einer Menüführung, in denen sich kaum ein neuer Besucher zurechtfindet.

Mandanten auf der Suche im Netz nicht allein lassen

Dabei wird der Auftritt im Web für Steuerberater immer wichtiger. Ihre Branche ist ein klassisches Beispiel für eine Dienstleistung, die stark über das Internet gesucht wird. Mehr als 800.000 Suchanfragen aus ganz Deutschland allein für das Suchwort „Steuerberater“ leitet der Marktführer Google Monat für Monat weiter. Wer hier über einen Webauftritt verfügt, hat den Konkurrenten scheinbar etwas voraus. Aber über eine Suchmaschine gefunden zu werden, reicht allein nicht aus. Klickt der Besucher auf die Internetseiten der Kanzlei und findet nicht das, was er sucht, ist er schnell wieder weg. Und hat obendrein noch einen schlechten ersten Eindruck.

Das virtuelle Erstgespräch mit dem Mandanten

Eine erfolgreiche Homepage ist der Ersatz für eine hervorragend gemachte Kanzleibroschüre. Am Ende sollte mindestens die Kontaktaufnahme – oder sogar die Entscheidung für den Berater stehen. Prüfen Sie also Ihren (geplanten) Internetauftritt und finden Sie Antworten auf folgende Fragen:
  1. Was will ich mit dem Internetauftritt erreichen?
  2. Was ist wirklich wesentlich?
  3. Entspricht meine Homepage aktuellen Standards?
  4. Wie sieht mein Auftritt im Vergleich zur Konkurrenz aus, was fällt dort positiv oder negativ auf?
  5. Spiegelt der Internetauftritt das Besondere meiner Kanzlei, die persönliche Identität wider?
  6. In welcher Situation befindet sich der Besucher meiner Homepage?
  7. Welche Inhalte suchen potenzielle Mandanten?
  8. Was brauchen sie, um sich für meine Kanzlei zu entscheiden?
  9. Sind Menüführung und Texte auf die potenzielle Mandantschaft und ihre Interessen zugeschnitten?
  10. Hat der Besucher meiner Homepage jederzeit und überall die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen?
Übrigens: Eine gut gemachte, immer wieder aktualisierte Darstellung der eigenen Kanzlei im Netz hilft nicht nur dabei, neue Mandanten zu gewinnen. Auf diese Weise werden auch potenzielle Mitarbeiter auf die Kanzlei aufmerksam.

Virtuelle Steuerberatung


Virtuelle Steuerberatung ist technisch realisierbar, steht aber rechtlichen Hindernissen gegenüber. Und auch die Mandanten müssen sich noch mit dieser Organisationsform anfreunden.


Über 80.000 Steuerberater buhlen mittlerweile um die Gunst der Mandanten.1 Komplizierte Gesetze und immer schnellere Anpassungen bereiten vor allem kleineren Kanzleien große Probleme.Wer nicht in der Lage ist, mit seinen Mandanten zu wachsen, läuft Gefahr, sie zu verlieren. Daneben verschärft der demografische Wandel den Wettbewerb um junge Talente. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, virtuelle Netzwerke zu gründen, um Spezialwissen wechselnder Partner unter einer Marke anzubieten. Dabei wird die Arbeitsleistung außerhalb einer Kanzlei mit festen Bürozeiten erbracht. Möglich machen das die Verbreitung von Daten über das Internet sowie die fortschreitende Digitalisierung.

Virtuelle Organisation

Der Begriff "virtuell" beschreibt ursprünglich den Vorgang, bei dem ein Computer einen beliebig großen Arbeitsspeicher simuliert, indem er Daten auf einer Festplatte zwischenspeichert. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht ist darunter eine neue Form zu verstehen, wie sich Unternehmen sowohl intern als auch extern organisieren können. Ein virtuelles Unternehmen ist eine Kooperationsform zwischen rechtlich unabhängigen Unternehmen. Aufbau- und Ablauforganisation werden kurzfristig, entsprechend den Anforderungen des Projekts, angepasst. Die Zusammenarbeit ist dabei auf einzelne, zeitlich befristete Projekte beschränkt. Zur Verwirklichung ihrer Ziele werden moderne Informations- und Kommunikationsmedien genutzt. Mit der nahezu überall - oft schon drahtlos - verfügbaren Internetverbindung stehen die Projektmitarbeiter praktisch permanent miteinander in Kontakt.

Mobiles Internet und Smartphones

Die Verbreitung von Smartphones führt in den USA bereits dazu, dass die SMS von der E-Mail auf diesen Geräten verdrängt wird. Ende 2007 besaßen mehr als zehn Millionen Deutsche über 14 Jahren ein UMTS-fähiges Gerät, Tendenz steigend. Ein derartiger Netzzugang ist besonders gefragt bei Geschäftskunden, die E-Mails, Termine und Kontakte wie im Büro nutzen wollen.2 Das mobile Internet ermöglicht es, stets mit dem Unternehmensnetz verbunden zu sein. Daten müssen nicht mehr lokal auf dem Laptop gespeichert werden. Dokumente können mobil bearbeitet und anderen Mitarbeitern über den zentralen Server zur Weiterbearbeitung bereitgestellt werden. UMTS ist heute Grundlage für die mobile Anwendung aller anderen Programme.

Dateimanagementsysteme

In einer virtualisierten Kanzlei haben alle Mitarbeiter von überall aus Zugang zu arbeitsrelevanten Informationen. Dazu werden die Daten in einem zentralen Dateimanagementsystem, kurz DMS, gespeichert. In dem Archiv können sämtliche elektronische Informationsträger wie E-Mails, Office-Dokumente, PDF- oder ZIP-Dateien, aber auch eingescannte, ehemals papiergebundene Dokumente wie Steuerbescheide oder Verträge schnell und einfach gespeichert werden. Die digitale Archivierung aller Informationen und Dokumente in einem einzigen System verkürzt die Suchzeiten, verbessert die Auskunftsbereitschaft gegenüber den Mandanten und steigert gleichzeitig die Qualität der laufenden Bearbeitung.

Intranet

Über das Intranet erhalten alle Beteiligten von unterwegs oder zu Hause aus Zugriff auf unternehmenseigene Daten und Dokumente des DMS. Der Steuerberater kann beispielsweise während des Termins beim Mandanten mobil auf aktuelle Zahlen aus der Buchhaltung oder eine Präsentation zugreifen. Das Intranet dient auch dazu, Kooperationspartner in die Prozesse einzubinden. Einem Anwalt im Verbund etwa kann der Zugriff auf Daten der Steuerberatungskanzlei ermöglicht werden. Typische Inhalte des Intranets sind betriebsinterne und öffentlich zugängliche Informationen wie Regeln, Absprachen, Verfahrens- und Arbeitsanweisungen sowie Formulare und sonstige Dokumente.

Cloud Computing

Cloud Computing verändert Betrieb, Bereitstellung, Support, Management, Sourcing, Architektur und Verwendung von IT grundsätzlich. Die Anwendungen und Daten befinden sich nicht mehr auf lokalen Rechnern, sondern - bildlich gesprochen - in einer Wolke (Cloud), verteilt über eine Anzahl von Systemen eines externen Anbieters. Der Zugriff erfolgt in der Regel über das Internet. Mit dieser Technik können auch kleinere Kanzleien Anwendungen nutzen, die aufgrund der Komplexität und der Kosten für Soft- und Hardware sonst nicht in Frage kämen. Die Sicherheit garantiert der Anbieter meist durch Kombination von Passwort, SmartCard oder Stimmerkennungssoftware. Da alle Rechenleistungen und Programme auf den Servern des Anbieters liegen, sind keine hohen Anforderungen an den Computer des Anwenders gestellt. Sogenannte Thin-Clients, also Computer mit niedriger Rechenleistung, oder ältere Modelle reichen aus.

Unified Communications

Die Kommunikation der Zukunft heißt Unified Communications (UC). Sie soll es den Mitarbeitern ermöglichen, unabhängig von Ort und Kommunikationsmedium auf allen Kanälen - Daten, Sprache und Video - kommunizieren zu können.3 All das über nur eine integrierte Benutzeroberfläche. Innerhalb dieser Arbeitsoberfläche erscheinen alle eingehenden Nachrichten wie Telefonate, SMS, Voice- und E-Mail, Instant-Message-Nachrichten oder Micro-Blogging News ähnlich Twitter.4 Die Mitarbeiter können sie direkt beantworten, bearbeiten oder an Kollegen weiterleiten. Über Statusinformationen können sie ihren Gesprächspartnern anzeigen, über welches Medium sie gerade kommunizieren können oder möchten. Auf diese Weise kann beispielsweise eine Abwesenheitsnotiz für die interne Chatfunktion über Instant-Messaging eingerichtet, oder es können alle Anrufe, die nicht einer bestimmten Prioritätsgruppe zugeordnet sind, weitergeleitet werden. Die Anlagen unterstützen auch Präsenzinformationen der Geräte.5 Sie weisen aus, über welches Gerät der Mitarbeiter gerade erreichbar ist. Wechselt er etwa das Endgerät von seinem Heimarbeitsplatz auf sein Smartphone, weil er mit dem Auto zum Mandanten fahren möchte, erkennt das Gerät das Auto über die Freisprecheinrichtung und lässt nur noch den Kommunikationskanal "Telefonieren" zu.
Der betriebswirtschaftliche Nutzen6 für die Unternehmen, und natürlich auch Kanzleien, besteht laut der International Data Corporation (kurz IDC) darin, dass
  • die Zusammenarbeit mit den Kollegen verbessert wird,
  • die Reaktionsgeschwindigkeit auf interne wie externe Anfragen deutlich steigt,
  • die Mitarbeiter nicht mehr durch die Datenflut auf unterschiedlichen Kanälen überfordert sind,
  • sämtliche Kontaktdaten über das Adressverzeichnis ad hoc zur Verfügung stehen und
  • die Produktivität der Mitarbeiter erhöht wird.

Rechtliche Aspekte

Vor der virtuellen Kooperation sind einige rechtliche Hürden zu nehmen. Problematisch ist schon, wenn mehrere, rechtlich eigenständige Berater unter einer gemeinsamen Marke auftreten. Folgende Fragen sind ebenfalls vorab zu klären:
  • Sind der Schutz des geistigen Eigentums sowie alle Fragen zu den Themen Datenschutz, Copyright Klauseln, Urheber-, Verwertungs- und Patentrechten geklärt?
  • Wurden alle haftungsrechtlichen Aspekte, etwa Gewährleistungs- oder Garantieansprüche beachtet?
  • Wer haftet für Beratungsfehler?
  • Ist der Status von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, als Anknüpfungspunkt für das Arbeits- und Sozialrecht, festgelegt?
  • Sind Fragen der Schriftform, der Anwendbarkeit des nationalen Rechts oder der Steuerpolitik geklärt, um den reibungslosen Fluss von Informationen zwischen den Kanzleien, aber auch über Landesgrenzen hinweg, zu garantieren?
  • Entstehen kartellrechtliche Probleme durch die Kooperation mehrerer Unternehmen?

Berufsrecht

Wie alle Freiberufler muss auch der Steuerberater besondere, berufsrechtliche Vorschriften beachten.
In § 52 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) in Verbindung mit § 56 Abs. 1 S. 2 und 3 sowie Abs. 2 Steuerberatergesetz (StBerG) sind die Personen genannt, mit denen sich ein Steuerberater zusammenschließen darf. Es handelt sich dabei vor allem um andere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder im Ausland sitzende Personen mit vergleichbaren Tätigkeiten. Nach § 56 Abs. 5 StBerG dürfen Steuerberater mit Angehörigen freier Berufe Kooperationen eingehen, wenn sichergestellt ist, dass alle Berufspflichten eingehalten werden. Damit steht der virtuellen Zusammenarbeit mehrerer Steuerberater aus berufsrechtlicher Sicht generell nichts im Wege.

Werberecht

Wie jeder andere Unternehmer ist auch der Steuerberater mittlerweile auf einen Internetauftritt angewiesen. Dieser wird allerdings als Werbung angesehen - mit berufsrechtlicher Relevanz.7 Jahrzehntelang war es den Beratern verboten, für ihre eigene Kanzlei zu werben. Dieses grundsätzliche Verbot wurde 1996 vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufgehoben.8 § 8 StBerG wurde danach durch § 57a ergänzt, der Werbung erlaubt.9 Wie das Gericht in seiner Urteilsbegründung feststellte, unterliegt die Bewertung, was als übliche, angemessene oder übertriebene Präsentation zu werten ist, stets zeitbedingten Veränderungen.

Datenschutz

In § 57 Abs. 1 StBerG ist die Verschwiegenheit geregelt. Sie zählt zu den wichtigsten Pflichten des Beraters und ist Grundlage des Vertrauensverhältnisses zu seinen Mandanten. Folglich ist das Thema Datensicherheit gerade in einer virtuellen Kanzlei von zentraler Bedeutung. Der Verlust sensibler Daten wäre das Worst-case-Szenario mit erheblichen rechtlichen Folgen für die Berater. Insoweit kommt auch eine fahrlässige Verletzung der Verschwiegenheitspflicht in Betracht. Sie ist gegeben, wenn unbefugte Dritte Unterlagen einsehen können, die dem Steuerberater anvertraut wurden.10 Versendet der Berater etwa vertrauliche Informationen in einer nicht geschützten E-Mail, kann das als grobe Fahrlässigkeit bis hin zu bedingt vorsätzlichem Handeln eingestuft werden, da es sich insoweit um eine unbefugte Offenbarung fremder Geheimnisse nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB handelt. Ferner sollte der Steuerberater auch Maßnahmen ergreifen, um Manipulationen durch unbefugten Datenzugriff zu vermeiden.

Berufliche Niederlassung

§ 34 Abs. 1 S. 3 StBerG verpflichtet den Steuerberater, innerhalb von sechs Monaten nach seiner Bestellung eine berufliche Niederlassung zu begründen. Laut Rechtsprechung kann das durch Einrichten einer räumlichen Organisationseinheit geschehen, die Anknüpfungspunkt für seine Kammermitgliedschaft ist.11 Ebenso muss nach § 50 Abs. 1 S. 2 StBerG mindestens ein Steuerberater, der gleichzeitig Gesellschafter ist, seine berufliche Niederlassung am Sitz der Gesellschaft oder in dessen Nahbereich haben. Eine ausschließlich virtuelle Kanzlei ist daher bislang nicht gestattet.
Im StBerG selbst wird der Begriff Beratungsstelle, an den die berufliche Niederlassung anknüpft, nicht definiert. Deshalb ist es fraglich, ob eine ausschließlich virtuelle Kanzlei, ungeachtet der Problematik ihrer Kammerzugehörigkeit, nach dem Gesetz in Zukunft jemals möglich sein wird. Ob diese spezielle Organisationsform, die sich im Bereich der Softwareentwicklung bereits bewährt hat, für eine Steuerberatungskanzlei überhaupt erstrebenswert ist, ist eine ganz andere Frage.

Akzeptanz durch den Mandanten

Letzter Schritt zu einer virtuellen Kanzlei ist die Digitalisierung des Informationsflusses mit den Mandanten. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Mandant überhaupt bereit ist, Datenverkehr und Kommunikation zu digitalisieren, damit die Verarbeitung der Informationen ortsunabhängig erfolgen kann. Einer empirischen Studie zufolge differenzieren die Mandanten insoweit zwischen monatlich und jährlich zu erbringenden Dienstleistungen sowie zwischen persönlichen und eher unpersönlichen Dienstleistungen.
Bei der Finanz- oder Lohnbuchhaltung scheint die Zeitersparnis den Aufwand für die Umstellung interner Prozesse (Digitalisierung) zu rechtfertigen. Anders verhält es sich bei der Abgabe von Unterlagen für den Jahresabschluss oder die Steuererklärung. Lässt man dem Berater bereits digitalisierte Unterlagen zukommen, ist die Bereitschaft zu erkennen, diesen Übertragungsweg auch für jährliche Unterlagen zu nutzen. Mandanten, die bereits eine digitale Finanzbuchhaltung führen, weisen jedenfalls deutlich höhere Zustimmungswerte für die Abgabe anderer digitaler Unterlagen auf.
Interessant ist aber, dass auch bei innovativen Mandanten der Wunsch nach persönlicher Betreuung durch den Steuerberater im Vordergrund steht. Zwar ist man bereit, den Versand von Daten zur Kanzlei zu digitalisieren. Videokonferenzen oder ein kompletter Verzicht auf persönlichen Kontakt werden hingegen zumeist abgelehnt. Der Hauptgrund für diese Haltung lag in der Unpersönlichkeit der digitalen Kommunikation. Das wird unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Neurowissenschaften die Herausforderung der Zukunft sein, da Kommunikation und Beziehungsmanagement die Hauptfaktoren eines guten Mandats und einer guten Kundenbeziehung sein werden.

Ausblick

Die rasante Entwicklung des Internets sowie die computergestützte Datenverarbeitung sind Wegbereiter virtueller Organisationsformen. Vor der Umsetzung sind aber noch rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen und die Mandanten von den Vorteilen des neuen Kooperationsmodells zu überzeugen.


"Cloud Computing verändert Betrieb, Bereitstellung, Support, Management, Sourcing, Architektur und Verwendung von IT grundsätzlich."

"Wie jeder andere Unternehmer ist auch der
Steuerberater mittlerweile auf einen Internetauftritt angewiesen."


1 Vgl. Mönninghoff, P. (2007) S. 23.
2 Vgl. Koenen, J. (2008), S. 15.
3 Vgl. E-commerce Magazin 2008 S. 20.
4 Benutzer können kurze Textnachrichten von maximal 140 Zeichen an andere Benutzer senden. Das soziale Netzwerk beruht darauf, dass man die Nachrichten anderer Benutzer (z.?B. Kollegen) abonniert, um so über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben.
5 Vgl. Rügge, I. (2007) S. 52.
6 Vgl. E-commerce Magazin 2008 S. 21.
7 Vgl. Kröger, D./Kellersmann, D. (2001) S. 48.
8 Vgl. § 57 a StBerG: Werbung ist erlaubt … soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.
9 Vgl. Gehre, H./Borstel, R. (2005) S. 222.
10 Vgl. Oberlandesgericht Celle vom 17.06.1991 - StO 2/90.
11 § 73 Abs. 1, S. 1 StBerG.


Sonntag, 18. Mai 2014

“Ist der Titel Steuerberater bald nichts mehr wert?”
Es geht bei dem Thema nicht darum, ob der Anteil von Frauen in der Beraterschaft zunimmt, auch wenn man(n) sich darüber lustig machen kann. Wenn man das Thema ernsthaft diskutiert, dann geht es eher darum, dass einigen Prognosen zufolge bis 2020 die 100.000-Berater-Marke überschritten wird. Natürlich war der Titel früher mehr wert, wobei “früher” wohl am ehesten die 60er bis 80er Jahre meint, in denen die deutsche Wirtschaft ein robustes Wachstum zeigte. Viele (nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründete) Unternehmen mit ordentlichen Gewinnen in neuen Märkten trafen auf eine recht kleine Beraterschaft. Da versteht es sich, dass die Dienstleistung “Steuerberatung” einen hohen Wert hatte und die Beraterschaft vom Wirtschaftsboom ordentlich profitiert hat. Heutzutage zeigt sich allerdings ein ganz anderes Bild. Die Beraterschaft wird, wenn man sich die Statistik ansieht, immer größer, während die deutsche Wirtschaft längst nicht mehr das ist, was sie einmal war. Während die Berater bisher von einem ordentlichen Wirtschaftswachstum profitiert haben, sehen sie sich nun mit Unternehmen konfrontiert, deren Gewinne stagnieren oder in größerer Zahl zahlungsunfähig werden, womit dann auch die Mandate verschwinden. Die “Claims” am Beratermarkt sind weitgehend abgesteckt und neue Berater treten in einen gesättigten Markt ein, der möglicherweise in Zukunft übersättigt sein wird, sofern das Wirtschaftswachstum über einen längeren Zeitraum stagniert oder rückläufig sein wird. Viele nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete Unternehmen stehen vor einem Generationenwechsel, der nicht selten dazu führt, dass die Tätigkeit aus Altersgründen schlicht eingestellt wird, weil kein Nachfolger gefunden wird. Neue Berater müssen sich dann, wenn sie sich selbständig machen, mit Kleinstunternehmen wie Imbiss-Buden oder Kleingewerbetreibenden begnügen, eben solche Mandanten, die am Markt noch übrig sind. Vor diesem Hintergrund ist der Titel Steuerberater künftig tatsächlich weniger wert als er es einstmals gewesen ist.
Diese Situation hat einen Vorläufer, nämlich die Rechtsanwälte.